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  • Sechs Polizisten halten in der Trauerhalle in Ohlsdorf Ehrenwache am Sarg ihres Kollegen Jürgen Meyer.
  • Foto: Nennecke

Zivilfahnder erstochen: Wie ein Routine-Einsatz tödlich endete

Marienthal –

Streit und Schlägerei in einem Imbiss – solche Einsätze verzeichnet die Hamburger Polizei täglich. Absolute Routine. Doch am 30.November 1988 endete so ein Einsatz in Marienthal mit dem Tod eines Polizeibeamten. Die Polizisten der Hansestadt standen unter Schock. Am 14. Dezember  nahmen sie in einer bewegenden Trauerfeier Abschied von ihrem Kollegen Jürgen Meyer (35).

Drei Männer haben gegen 20 Uhr im „Grill Imbiss Panorama“ an der Ecke Kielmannseggstraße/Jüthornstraße zu viel getrunken. Dursun Ö., einer der Beteiligten, sprach später von eineinhalb Flaschen Raki. Der 26-Jährige und seine beiden türkischen Landsleute streiten sich mit einem anderen Gast (70). Der griechische Imbiss-Chef Alexis K. (23) und drei Bekannte gehen dazwischen. Es kommt zur Prügelei.

Hamburg historisch: Routine-Einsatz für Zivilfahnder endet tödlich

Stühle und Flaschen fliegen durch die Luft, Tische gehen zu Bruch. Alarmierte Polizisten beenden die Prügelei, stellen die Personalien der drei betrunkenen Randalierer fest und weisen sie aus dem Imbiss. Doch nur zwei Stunden später erscheint das aggressive Trio wieder auf der Bildfläche, schimpft über die Preise und bepöbelt den Wirt. Erneut rückt die Polizei an, schickt die drei weg. Da die Beamten mit weiterem Ärger an diesem Abend rechnen, wird ein ziviler Streifenwagen mit zwei Zivilfahndern an der Jüthornstraße postiert. Jürgen Meyer und ein 25-jähriger Kollege beobachten den Imbiss, als die Randalierer wenig später erneut zurückkommen.

Crime Polizist Opfer

Opfer eines Messerstechers: der Polizist Jürgen Meyer (35)

Foto:

Polizei

Dursun Ö. tritt die Scheibe der Eingangstür ein und macht gegenüber dem Wirt eine Handbewegung, als ob er ihm die Kehle durchschneiden will. Die Zivilfahnder greifen ein. Der jüngere Beamte stellt Dursun Ö. (26) und Kemal Ö. (19). Jürgen Meyer wiederum versucht den dritten Mann, den Holzschnitzer Baki Ö. (23) festzuhalten. Der zieht plötzlich ein großes Messer und rammt es dem 35-jährigen Polizeiobermeister in die Brust. Der zieht seine Dienstwaffe, schreit: „Lass das Messer fallen.“

Crime Polizist Tatort

Der Tatort an der Kielmannseggstraße. Heute befindet sich hier ein Asia-Imbiss. 

Foto:

hfr

Dann bricht der Beamte zusammen. Der Stich hat eine Arterie verletzt, Jürgen Meyer verblutet binnen Minuten. Der Notarzt kann nur noch seinen Tod feststellen. Die Besatzungen zweier alarmierter Streifenwagen nehmen die drei Täter fest. Zwei werden nach Vernehmung wieder entlassen, Baki Ö. kommt in Untersuchungshaft. Der junge Türke ist in Ankara aufgewachsen, kam im Alter von 17 nach Hamburg. Er lebte an der Gustav-Adolf-Straße, nur ein paar hundert Meter vom Tatort entfernt. Der vermutlich heroinsüchtige Mann war verheiratet und hatte zwei Kinder. 

Bewegende Trauerfeier in Ohlsdorf

Am 14. Dezember findet auf dem Friedhof Ohlsdorf die Trauerfeier statt. Über dem Sarg, neben dem sechs Polizeibeamte Ehrenwache halten, prangt ein großer Polizeistern. Die Trauerhalle ist überfüllt. Unter den mehr als 500 Trauergästen ist auch der türkische Generalkonsul. Polizei-Seelsorger Reinhold Hintze sagt: „Lieber Jürgen. Viele hier hätten dich noch einmal so ansprechen wollen. Keiner hat es sich vorstellen können, dass wir uns hier an deinem Sarg wieder treffen.“

Crime Polizist Täter

Der Täter Baki Ö. war damals 23 Jahre alt.

Foto:

hfr

Der Pastor verweist auf die große Leidenschaft des Opfers – das Motorradfahren. Er erinnert an die Motorradfahrer-Gottesdienste im Michel: „Wir verlasen damals die Namen der im Straßenverkehr getöteten Motorradfahrer. Nun also auch du. Nicht durch das Motorrad, sondern durch die Hand eines Menschen.“ Die Witwe umarmt weinend ihre Töchter Kerstin und Wiebke. Auch viele Polizisten haben Tränen in den Augen. Jürgen Meyer wurde auf dem Friedhof Ohlsdorf, am „Revier Blutbuche“, dem Ehrenmal für die im Dienst umgekommenen Polizisten, beigesetzt.

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Und der Täter? 1988 wurde er wegen Totschlags zu acht Jahren Haft verurteilt. Nach Verbüßung von vier Jahren schoben die deutschen Behörden den Mann in die Türkei ab. Doch er kehrte mit gefälschten Papieren nach Hamburg zurück. 2002 wurde er in Jenfeld festgenommen. Baki Ö. kam zur Verbüßung der restlichen vier Jahre Haft erneut ins Gefängnis, saß vermutlich bis 2006 in Santa Fu.

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