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  • Die Straßen sind meist leer – die Frauen in Palma de Mallorca warten dennoch auf Kunden.
  • Foto: picture alliance/dpa

15 Euro für Sex „komplett“: Corona treibt Frauen auf Mallorca in die Elendsprostitution

Palma –

Sie lehnen an Hauswänden, sitzen auf Klappstühlen, rauchen, unterhalten sich – alles im Freien, trotz Kälte und Nieselregen: Frauen, die ihre Körper verkaufen, um ihre Familien zu ernähren.  Hier, in den Straßen von Palma de Mallorca, die wegen des Lockdowns leergefegt sind, warten sie auf Kundschaft. Die Corona-Not auf der Urlaubsinsel ist mittlerweile so groß, dass viele keine Alternative sehen.

Medien und Hilfsorganisationen schlagen Alarm: Die Elendsprostitution auf Mallorca wächst. Es handelt sich demnach oft um alleinerziehende Mütter, die anschaffen gingen, weil sie im Zuge der Pandemie ihre Arbeit als Kellnerin oder Putzfrau verloren haben und verzweifelt seien. „Für viele ist die Rückkehr oder der Eintritt in die Prostitution der einzige Weg, um ihre Familien zu versorgen“, sagen etwa Inmaculada Mas Nadal und Rafa Campos von der Organisation Ärzte der Welt.

„Ich muss meiner Mutter und meinen Geschwistern Geld schicken. Wir sind arm“

Nach einer Studie der Universität der Balearen hat sich die Zahl der in extremer Armut lebenden Menschen in nur einem Jahr auf 34.000 verdoppelt. Die Tristesse ist in der Party-Hochburg enorm. Die Zahl der Urlauber fiel 2020 um fast 90 Prozent, Touristen muss man derzeit am Ballermann mit der Lupe suchen. Restaurants und Bars sind mindestens bis Anfang März dicht.

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Voriges Jahr habe man sich um 1168 Menschen gekümmert, die auf Mallorca und den anderen Balearen-Inseln der Prostitution nachgingen, so die Ärzte der Welt. 439 von ihnen seien zum ersten Mal betreut worden. „Neulinge“ wie Leila. Die Marokkanerin erzählte der Zeitung „Última Hora“, sie habe wegen Corona ihren Job als Küchenhilfe verloren. Ihrer Familie verheimliche sie die neue Tätigkeit. „Ich muss meiner Mutter und meinen Geschwistern Geld schicken. Wir sind arm.“

Prostituierte warten an der Puerta de Sant Antoni in Palma de Mallorca auf Kunden.

Prostituierte warten an der Puerta de Sant Antoni in Palma de Mallorca auf Kunden.

Foto:

picture alliance/dpa

Elendsprostitution auf Mallorca: 15 Euro für den „kompletten Dienst“

Viel Geld wird derzeit aber nicht gemacht. Leila sprach mit der Journalistin am letzten Sonntag im Januar. „Seit Freitag ist niemand mehr gekommen.“ Kein Wunder, dass der „komplette Dienst“ hier in Palma bereits für 15 Euro angeboten wird, wie Jaume Perelló von Casal Petit erzählt. Laut „Última Hora“ stehen sich die meisten Frauen jeden Tag zwölf Stunden lang die Beine in den Bauch – und kommen trotzdem nur auf rund hundert Euro die Woche.

„Die Frauen erzählen uns, dass viele die Preise gesenkt haben und auch Sex ohne Schutz akzeptieren, weil der Konkurrenzkampf so groß ist“, erzählen die Helfer von Ärzte der Welt. Die Kunden verhandelten nun mehr. Und die Zuhälter übten mehr Druck aus, heißt es. Perelló berichtet, dass einige Frauen bei den Schlepperbanden, die sie nach Spanien gebracht haben, mit bis zu 7000 Euro in der Kreide stehen. Deshalb müssten sie „jeden Preis akzeptieren“.

Prostituierte unterhalten sich während einer Pause an der Puerta de Sant Antoni in Palma de Mallorca.

Prostituierte unterhalten sich während einer Pause an der Puerta de Sant Antoni in Palma de Mallorca.

Foto:

picture alliance/dpa

Rund 80 Prozent der Betroffenen sind alleinerziehende Mütter

Betroffen sind die Schwächsten der Schwachen. Nach Angaben von Ärzte der Welt haben zwei Drittel der von ihnen betreuten Prostituierten eine Familie zu versorgen. Etwa 80 Prozent von ihnen seien alleinerziehende Mütter, Einwanderinnen aus Ländern wie Kolumbien, Rumänien und Marokko.

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Aber es gibt auch Mallorquinerinnen, die vor der Pandemie oft etwa als Putzfrau, Kinder- oder Seniorenbetreuerin arbeiteten – aber ohne Vertrag. Sie haben nun kein Recht auf Kurzarbeits- oder Arbeitslosengeld. Wie María, die dem Strich vor Jahren entkommen konnte, ein Auskommen als Putzfrau hatte und nun mit 53 wieder auf der Straße landete. Sie sagt: „Ich hatte keine Alternative“. (mik/dpa)

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